Nebenwirkungen von Psychotherapie


Was bei Psychotherapie häufig unterschlagen wird und in der Aufklärung darüber dazugehört, ist die Information, dass eine psychotherapeutische Behandlung auch Nebenwirkungen hat.

Denn alles, was in der Heilkunde als nachgewiesenermaßen wirksames Mittel angewandt wird, hat leider auch unerwünschte Wirkungen.

Folgende Nebenwirkungen können auftreten:

Unbehagen

Eine psychotherapeutische Behandlung kann schmerzhaft sein und großes Unbehagen auslösen. Es ist in etwa wie ein unaufgeräumter Keller, den man seit Jahren nur für den Zweck betreten hat, Dinge hineinzustopfen. Man macht kurz das Licht an und verzweifelt an dem überwältigenden Chaos.

„Discomfort is the price of admission to a meaningful life.“

Susan David
Irritationen

Eine Psychotherapie führt auch dazu, Dinge aus neuen Blickwinkeln zu betrachten. Das schließt jedoch das Bild, das man von sich und anderen Menschen hat, ebenfalls mit ein und kann zu Irritationen führen. Der eigene Beruf wird plötzlich in Frage gestellt, Freundschaften, partnerschaftliche und familiäre Beziehungen können sich verwandeln. Häufig verändern sich diese zwischenmenschlichen Beziehungen während einer Behandlung zum Positiven, was für viele überhaupt ein Anliegen ist, eine Therapie zu beginnen. Durch eine neu errungene Wahrhaftigkeit in den Beziehungen kann es aber zu einer Zunahme von Konflikten und Missstimmungen kommen, die als schwer aushaltbar erlebt werden. Es entsteht gewissermaßen ein Wissensvorteil gegenüber den Mitmenschen, der nicht immer gutgeheißen wird.

Vorübergehende Abhängigkeit

Des Weiteren kann es zu einer vorübergehenden, stark erlebten Abhängigkeit von dem/der Therapeut:in kommen, die oder der idealisiert wird. Die Beziehung zwischen Therapeut:in und Klient:in ist auf eine besondere und ärgerliche Art und Weise asymmetrisch. Wenn dies im Vorhinein bzw. während der Therapie thematisiert wird, ist dies schon die halbe Miete.

Stigmatisierung durch die Umgebung

Last but not least: eine Stigmatisierung durch das Umfeld ist möglich, wenn man sich in psychotherapeutische Behandlung begibt. Jetzt ist es gesichert: man hat „einen an der Klatsche“, einen Makel, eine Schwäche, ist nicht „ganz sauber“ oder gleich „verrückt“. „Richtig erwachsene Menschen lösen ihre Probleme alleine“ etc.

Vergessen Sie dabei nie: Es ist nicht Ihre kranke Seite, die Sie in eine Behandlung führt, sondern ihre gesunde Seite. Niemand muss durchs Leben alleine gehen, niemand schafft das auch alleine ohne Unterstützung von anderen. Es ist ein Zeichen von Gesundheit, sich Hilfe zu holen, wenn man nicht mehr weiterkommt!

Copyright: C. Hennig, Oktober 2022